Klein, aber oho: So ist Stolberg (Harz) schon beschrieben. Denn das Städtchen gilt als einer der schönsten Orte im ganzen Harz. Freilich kein Wunder: Die Gemeinde im Landkreis Mansfeld-Südharz (Sachsen-Anhalt) begeistert mit zahlreichen Fachwerkhäusern. Außerdem liegt Stolberg romantisch eingebettet in vier Tälern auf 300 bis 350 m ü. NN. In diesen Tälern vereinen sich wieder die Große Wilde, die Kleine Wilde sowie die Lude zur Thyra.
Zurück geht der heutige Luftkurort übrigens – typisch Harz – auf den Bergbau. Die ersten Gruben gab es schon 794. Geschürft wurden Eisen, Kupfer und Zinn. Außerdem Silber und sogar Gold. Der Ort entstand dann um das Jahr 1000. In einer offiziellen Urkunde taucht Stolberg (Harz) allerdings erstmals 1210 durch die Grafen zu Stolberg auf. Anno 1300 erhielt die wachsende Siedlung schließlich das Stadtrecht.
Stolberg oder „Die Perle des Südharz“
Kein Wunder also, dass der Ort pure Geschichte bietet. Allein die mehr als 380 schmucken, weil meist liebevoll sanierten Fachwerkhäuser stammen aus vier Jahrhunderten. Die „Perle des Südharz“ zählt daher ganz zu recht zur Deutschen Fachwerkstraße. Begeistern kann Stolberg (Harz) jedenfalls mit zahlreichen historischen Gebäuden. Zum Beispiel der 1535 erbauten „Alten Münze“. Die Münzwerkstatt ist in Europa sogar einmalig, weil komplett erhalten und funktionsfähig.
Ein weiteres Highlight stellt das 1454 erbaute Stolberger Rathaus. Dieses gilt als Kuriosum: Das Gebäude besitzt kein Treppenhaus. Die oberen Stockwerke sind stattdessen allein über eine Außentreppe erreichbar. Ebenfalls kurios: Ursprünglich besaß das Rathaus zwölf Türen, 52 Fenster sowie 365 Fensterscheiben. Das entspricht den Monaten, Wochen und Tagen eines Jahres. Über dem Rathaus ragt wieder die spätgotische, im 13. Jahrhundert errichtete St. Martini-Kirche auf. In dieser predigte am 21. April 1525 sogar Martin Luther. Noch weiter oben thront auf einem Bergsporn das Stolberger Schloss, dessen Anfänge sogar ins 12. Jahrhundert reichen. Mehr noch: Von 1201 bis 1945 residierten hier die Grafen bzw. Fürsten zu Stolberg.
Sehenswürdigkeiten in Stolberg (Harz)
So klein das Städtchen, so zahlreich sind also die historischen Bauwerke. Anschauen sollten ihr euch bei einem Besuch Stolbergs daher unbedingt
- am Marktplatz das Rathaus und den Saigerturm
- über dem Rathaus die Stadtkirche St. Martini
- auf dem Schlossberg das Stolberger Schloss
- in der Rittergasse das Rittertor als letztes erhaltenes Stadttor aus dem Mittelalter und das Museum Kleines Bürgerhaus von 1470 mit mittelalterlicher Einrichtung
- in der Niedergasse die Alte Münze und die Alte Posthalterei
Der Ort ist nicht allzu groß, die Wege in der Regel somit eher kurz. Zumal Stolberg (Harz) obendrein einigen Freizeitspaß bieten kann. Typisch Harz ist vor allem wandern ein Thema. Ein tolles Ziel ist zum Beispiel das Josephskreuz auf dem Großen Auerberg (580 m ü. NN). Dieses gilt als das größte eiserne Doppelkreuz der Welt. 1896 erbaut ist das Doppelkreuz 38 m hoch sowie 125 Tonnen schwer. 100.000 Nieten halten die Konstruktion zusammen. Nach 200 Stufen könnt ihr eine tolle Aussicht auf den Harz, den Brocken sowie den Kyffhäuser genießen. Weiteren Freizeitspaß versprechen das Freizeitbad Thyragrotte mit Wasserrutschen, Whirlpool und Sauna oder das AndersWeltTheater mit Kleinkunstbühne und Märchencafé.
Stolberg (Harz): Hunderte Jahre Geschichte
Auch in der Geschichte hinterließ das Südharzer Städtchen seine Spuren. Und zwar aus gleich zwei Gründen. Erstens erblickte in der Niedergasse ein gewisser Thomas Müntzer (1489 – 1525) das Licht der Welt. Der Theologe und Reformator nahm im Deutschen Bauernkrieg (1524 – 1526) eine ebenso tragende wie tragische Rolle ein. Für Müntzer selbst endete die Beteiligung weniger schön, nämlich mit Folterung und Enthauptung. Zweites war der Ort gleich mehrfach Stätte von Kampfhandlungen. Am 2. Mai 1525 musste Graf Botho zu Stolberg sogar den Forderungen der Bauen nachgeben, als diese den Ort einnahmen. Die 24 Stolberger Artikel machte der Graf nach der Niederlage der Aufständischen jedoch wieder rückgängig.
Ansonsten prägten die Stolberger im 16. Jahrhundert vor allem Münzen. Der Niedergang des Bergbaus im 17. Jahrhundert war wirtschaftlich dann weniger gut. Bis dahin gehörte der Ort übrigens zum Herzogtum Sachsen. Mit dessen Eingliederung 1815 in das Königreich Preußen wurde auch Stolberg (Harz) preußisch. Zur gleichen Zeit fand in der Religion ein Umbruch statt. Schon Mitte des 16. Jahrhunderts gründeten die Grafen ein lutherisches Konsistorium, eine Art Kirchengericht. Dieses unterstand bis 1919 direkt dem Grafen bzw. später Fürsten zu Stolberg-Stolberg.
Die Stolberger bewahren ihr Erbe
Ab Anfang des 20. Jahrhundert durfte sich die Stadt Fremdenverkehrsort nennen, ab 1946 außerdem Kurort. 1923 erfolgte der Anschluss an die Eisenbahnlinie nach Berga-Kelbra. Im Zweiten Weltkrieg blieb Stolberg (Harz) zum größten Teil verschont. Zwar fielen beim britischen Bomberangriff auf Nordhausen am 3. April 1945 auch auf Stolberg Bomben. Diese beschädigten jedoch nur 15 Häuser und vor allem Straßen. Leider starben bei dem Angriff sieben Einwohner. An der Front fielen dagegen 76 Stolberger, zehn gelten bis heute als vermisst.
Der Krieg wirkte in Stolberg (Harz) sogar noch eine ganze Zeit nach. Zum Beispiel klagte der sowjetische Sicherheitsdienst NKWD 14 Stolberger Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren an, Werwölfe zu sein. Zwei wurden hingerichtet, die anderen kamen in russische bzw. sowjetische „Speziallager“. Nur wenige sahen ihre Heimat wieder. 2010 und damit lange nach dem Fall der Mauer wurde Stolberg in die neue Gemeinde Südharz eingegliedert. Seit 2014 darf sich Stolberg allerdings wieder als Stadt bezeichnen.
Luther & Co.: Stolberger Persönlichkeiten
Neben Müntzer brachte das kleine Stolberger übrigens noch einige andere Berühmtheiten hervor. Gräfin Anna zu Stolberg wurde als Anna II. zum Beispiel Äbtissin des Stifts Quedlinburg. Annas jüngere Schwester Gräfin Juliana zu Stolberg (1506 bis 1580) gilt wiederum als Stammmutter des niederländischen Königshauses Oranien. Weitere bekannte Töchter und Söhne von Stolberg (Harz) sind bzw. waren:
- Hans von Werthern (1443 – 1533), Ritter und Besitzer der Herrschaft Brücken, Geheimer Rat der Herzöge von Sachsen, Amtmann
- Thomas Müntzer (1489 – 1525), Theologe, Revolutionär und Bauernführer
- Tilemann Plathner (1490 – 1551), erster evangelischer Pfarrer in Stolberg
- Gräfin Anna zu Stolberg (1504 – 1574), 28. Äbtissin des Stifts Quedlinburg
- Gräfin Juliana zu Stolberg (1506 – 1580), Stammmutter des Hauses Oranien
- Graf Heinrich zu Stolberg (1509 – 1572), regierender Graf von Stolberg und Wernigerode
- Johann Schneidewein (1519 – 1568), Jurist
- Gräfin Anna zu Stolberg (1565 – 1601), 30. Äbtissin des Stifts Quedlinburg
- Michael Leuckart (1710 – 1792), Buchdrucker
- Johann Christoph Wiedemann (1730 – 1794), Orgelbauer
- Gräfin Louise zu Stolberg (1799 – 1875), Lyrikerin, Übersetzerin und Herausgeberin
- Ernst Helbig (1802 – 1866), Maler
- Paulus von Stolzmann (1863 – 1930), General der Infanterie (Reichswehr)
- Hermann Röbbeling (1875 – 1949), Theaterintendant
- Karl Aderhold (1884 – 1921), Reichstagsabgeordneter
- Gustav Leidenroth (1885 – unbekannt), Kaufmann, Politiker, Reichstagsabgeordneter
- Wolfgang Knape (*1947), Schriftsteller
- Jens Lehmann (* 1967), Radsportler und Politiker
- Matthias Höhn (* 1975), Mitglied des Deutschen Bundestages (DIE LINKE)
- Daniel Seibert (* 1980), Berufssoldat und Träger des Ehrenkreuzes der Bundeswehr für Tapferkeit
Alljährliche Events in Stolberg (Harz)
Wollt ihr im kleinen Stolberg (Harz) etwas Action, besucht das Städtchen zu einem der alljährlichen Veranstaltungen. Diese sind…
- Februar: Winterfest am Josephskreuz
- Ostern: Osterfeuer
- April: Walpurgis am Josephskreuz
- Mai & Juni: Schützenfest
- Juli: Waldfest am Josephskreuz
- August: historisches Stadtfest
- August: Charity-Lauf
- September: Stolberger Markttag
- Dezember: Weihnachtsmarkt
Verkehrsanbindung von Stolberg (Harz)
Erreichen könnt ihr Stolberg übrigens über die A38 (Abfahrt Berga-Kelbra). Sowie natürlich über den Harz und die B242 (Abzweig Breitenstein / Stolberg). Wichtig: Im Ort gilt generell Tempo 30. Außerdem herrscht in der Stadt Parkverbot. Parkplätze findet ihr von Breitenstein bzw. vom Josephskreuz kommend im Kalten Tal, im Zechental (Wanderparkplatz) oder an der Thyragrotte. Mit dem Bus kommt ihr über zwei Linien von Quedlinburg und Hasselfelde bzw. von Sangerhausen nach Stolberg. Einen Anschluss an die Eisenbahn gibt es seit 2012 nicht mehr.
Die Touri-Info findet in der Niedergasse 17. Mehr Infos zur „Perle des Südharz“ gibt es außerdem im Netz unter gemeinde-suedharz.de.